Keine Meetings vor 9

Früher begannen meine Meetings oft gleich um 8 Uhr in der Früh. Erfahre, warum ich aber meine erste Arbeitsstunde seit Anfang Jahr für Meetings blockiere.

vor 3 Monaten   •   Lesezeit: 4 Min.

Von Chris
IqbalStock via Pixabay

oder: warum meine 1. Arbeitsstunde meetingfrei ist

Mein Kalender ist voll mit Meetings. Eigentlich verbringe ich 50% meiner Arbeitszeit in einem Videocall. Das bringt mein Job im Projektgeschäft mit sich: es ist viel Abstimmungsaufwand notwendig. Leider artet das schnell aus. Besonders bei größeren Gruppen: da finden sich passenden Zeiten für Meetings, wo alle teilnehmen können schwer. Resultat: es werden Randzeiten genutzt: nach 17 Uhr, mittags oder gleich in der Früh um 8. Kurzum: mein Kalender quillt über.

Das hat Folgen: im November hatte ich eine Panikattacke und fiel zwei Wochen aus. Zu Weihnachten nahm ich mir dann vier Wochen frei, um herunterzukommen und zurück zu mir zu finden. So kann es nicht Weitergehen, dachte ich mir. Ändere etwas! Ein erster Schritt: Blocker einrichten: in der Früh, am Mittag und am Abend. In dieser Zeit lasse ich keine Meetings zu. Die Blocher in der Früh und am Abend haben zudem eine besondere Funktion für den Tag: Check-in und Check-out. In der Früh ist das 1 Stunde-von 8 bis 9 Uhr, am Abend 30 Minuten. Diese Zeit ist für mich alleine; ohne Mails, Teams oder Telefon. Ohne andere Menschen. Es ist die Zeit, die ich brauche, um sortiert in den Tag zu starten und um diesen am Abend erfolgreich zu beenden.

Ein festes morgendliches Ritual

In der Früh hab ich dafür ein festes Ritual eingeführt, welches aus mehreren Schritten besteht:

  1. Energie-und Stresslevel
    Ich halte fest, wie es mir geht: wie energetisch fühle ich mich und wie gestresst starte ich in den Tag.
  2. Den letzten Tag aufräumen
    Ich überfliege Notizen und Tasks des letzten Tages, hake Erledigtes ab und lege wo notwendig neue Tasks an.
  3. Top 3 Termine
    Ich werfe einen ersten Blick auf den Kalender das heutigen Tages und notiere mir die 3 wichtigsten Termine. Das bedeutet: wenn ich etwas verschieben muss, müssen andere Termine potenziell warten.
  4. E-Mails
    Ein erster Blick in die E-Mails. Kleinkram wird direkt beantwortet und erledigt. Für alles Andere lege ich Tasks an.
  5. Teams
    Gleiches Spiel wie bei E-Mails. Ich prüfe Nachrichten und News, antworte und lege gegebenenfalls Tasks dafür an.
  6. Tasks und Prioritäten
    Ich prüfe alle Tasks, die potenziell für den Tag wichtig sind und priorisiere sie sofern notwendig nochmal neu. Danach halte ich die 6 wichtigsten Tasks fest. Diese haben heute Priorität! Ziel: mindestens diese 6 Tasks sollen erledigt werden (nach der Ivy Lee Methode).
  7. Daily-Fragen
    ich bereite mich mit 3 Fragen auf das Daily mit meinem Team vor. Die sechs Punkte vorher helfen mir dabei: was habe ich gestern gemacht, dass für das Team wichtig ist, was mache ich heute und wo brauche ich Unterstützung.
  8. Frühstücken
    Jetzt nehme ich mir etwas Zeit für mein Frühstück. Denn: der Tag ist sortiert und geplant.
  9. Daily
    ich habe geschummelt - es gibt doch ein einziges Meeting vor 9 Uhr: das Daily mit dem Team. 15 Minuten Sync. Dank meiner Vorbereitung kann der Tag entspannt starten.

Am Abend habe ich kein festes Vorgehen. Das Wichtigste ist hier, die losen Fäden aufzurollen: habe ich die angefangenen Dinge beendet? Steht noch was Dringendes an? Ein letzter Blick in die E-Mails. Tasks werden abgehakt und eventuell noch einige neu angelegt für Dinge, die offen geblieben sind. Dann geht der Laptop zu und der Arbeitstag ist beendet.

Ein reMarkable 2 Tablet mit einem Check-In Template. Diverse Punkte mit Checkboxen.
meine tägliche Checkliste. Foto: Chris Colborn

Was ich gelernt habe

Tatsächlich habe ich festgestellt, dass diese eineStunde den Tag deutlich weniger stressig und gleichzeitig deutlich produktiver macht. Man weiss, welche Dinge für den Tag wichtig sind und welche wichtigen Dinge möglicherweise doch noch warten müssen. Ich habe die Möglichkeit, im Daily mit dem Team darüber zu sprechen, wo notwendig Unterstützung erhalten und einen Plan schmieden, wie wir mit Schwierigkeiten und Engpässen umgehen. Ich merke, wo meine Grenzen sind und tue mir dabei leichter, auch mal Nein zu sagen oder andere Dinge zu verschieben.

In meinen vier Wochen Pause habe ich bemerkt, wie sehr gefühlter Druck auf mir lag. Kunden wollen was, Kollegen wollen was, jeder möchte etwas und das schnell. Dabei versuche ich alle glücklich zu machen. Das geht aber nicht. Gleichzeitig stelle ich fest, dass gar nichts tragisches passiert, wenn man mal sagt, dass etwas nicht klappt oder man ein Termin noch ein paar Tage warten muss. Wichtig ist nur, dass man authentisch bleibt und mit dem Gegenüber fair umgeht.

Der Kopf macht den Stress

In der Zeit, bevor ich mein morgendliches Ritual eingeführt habe, hatte ich immer Stress. Das lag daran, dass es Meetings gab, die um 8 starteten. Also kein Ankommen und nen Kaffee ziehen, sondern ab ins Meeting. Stau bei Bürotagen - schlecht in diesem Fall. Dann gab es die Tage, an denen ich mir gar nicht sicher war, wann das erste Meeting startet. Also am Abend oder in der Früh noch in Kalender schauen um sicherzugehen. Manchmal mit der bösen Überraschung: um 8 gehts los. Diese Art zu arbeiten löst Stress aus und ist ungesund. Der Kopf macht den Stress und wenn dieser nicht abschalten kann oder nicht in Ruhe "hochfahren" kann, braucht er Notfallenergie, die eigentlich für andere Dinge gedacht ist.

Heute ist es viel entspannter: wenn ich aufwache weiss ich, dass in der ersten Stunde nur mein Ritual und dann das Daily ansteht. Falls ich ins Büro fahre und im Stau stehe sind 10 Minuten früher oder später ankommen nicht mehr schlimm oder stressig. Zu wissen, dass man nicht gleich als erstes voll-fokussiert mit einem Kunden sprechen muss, entlastet.

Und wenn es mal nicht klappt mit dem eigenen Vorsatz? Ausnahmen gibt es immer, das muss man sich bewusst sein. Diese darf man aber der anfragenden Partei und sich selbst auch klar als solche herausheben, um danach sicherstellen, dass es eine Aus­nahme bleibt. Zu guter Letzt sollte man nämlich auch konsequent sein - für sich und die eigene seelische Gesundheit.

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