Hallo, darf ich mich vorstellen? Ich bin der Kümmerer. Das heisst nicht, dass ich verkümmere oder ständig Kummer habe, sondern vielmehr, dass ich mich um Dinge kümmere. Es ist mir wichtig, dass Themen bearbeitet bzw. erledigt werden. Es fühlt sich super an, ToDos abzuhaken (kennt ihr, oder? ;)). Und die wichtigste Eigenschaft: ich treibe die Themen voran und lasse sie nicht liegen. Das heisst auch, dass ich meine Kolleginnen und Kollegen an Themen erinnere (da sie auch irgendwo auf meiner Liste stehen, damit ich sie nicht vergesse) und mich auch mal anbiete, mich um Dinge zu kümmern, die eigentlich nicht zwingend bei mir liegen müssten.
Das Gute
Ich denke, ein Kümmerer zu sein, ist eine super Sache. Ich mag die Eigenschaft sehr. Ich gehöre beispielsweise zu den Menschen, die gerne überall „ihre Finger drin haben“. Mich interessiert viel und mir macht vieles Spass. Ich habe zu meinem Mentor in der Firma mal gesagt: ich sehe mich auch sehr oft als „Drehscheibe“. Das Bild hatte ich jahrelang von der Art und Weise, wie ich arbeite. Er hat dann gekontert, dass dies doch viel zu passiv sei, für das was ich tue. Die Drehscheibe ist sehr passiv und tut ja nichts selbst. Nun gut, damit hat er wohl recht. Also bin ich jetzt der Kraken/Tintenfisch/irgendwas mit Tentakel. Viele Dinge gleichzeitig jonglieren und nicht aus den Augen verlieren. Passt.
Eine weitere gute Sache, die Kümmerer an sich haben: Kunden sind mit einem Kümmerer meistens sehr happy. Denn die Kunden wissen: wenn der Kümmerer sich um ein Thema kümmert, dann geht es nicht unter und es kommt etwas dabei raus. Oft gehen die Kümmerer sogar die Extra-Meile für den Kunden. So sind Kümmerer für den Kunden immer sehr gute Ansprechpartner. Und im Umkehrschluss mag ich als Kümmerer den Kundenkontakt auch sehr gerne. Ich freue mich, dem Kunden zu helfen und freue mich über dessen Zufriedenheit.
Ich bin mir also sicher: jedes gute Team braucht mindestens einen Kümmerer.
Das Schlechte
Ein Kümmerer zu sein hat aber auch Nachteile. Diese sind aber meist persönlicher Natur.
Kümmerer sind Gutmenschen. Sie sagen sehr oft „Ja“ und gefühlt zu selten „Nein“.
Denn es widerspricht ihrer Natur, jemanden nicht zu unterstützen. Kümmerer laden sich gerne zu viele Dinge auf, um eben allen zu helfen. Und sie möchten es oft allen recht machen.
Zudem ist es so, dass andere Menschen recht schnell merken, wie Kümmerer ticken und das vielleicht auch mal ausnutzen. Man kann wunderbar Dinge an Kümmerer delegieren, auf die man selbst nicht so viel Lust hat. Der Kümmerer macht es ja gerne… oder so.
Das Wichtige
Deshalb ist es wichtig, dass ich mich als Kümmerer auch schütze. Denn der Kümmerer muss sich auch in erster Linie um sich kümmern, nicht nur um Andere. Das bedeutet: lernen, Nein zu sagen. Mich nicht benutzen lasse und meine Grenzen klar aufzeige. Das ist manchmal ein knochenharter Job. Vor allem wenn man es davor anders gemacht hat. Aber es ist wichtig und ein wertvoller Ausgleich zum Rest. Und eine gute Mischung ist wichtig – sonst wird es einseitig.
Ich bin diesbezüglich noch in einer starken Lernphase. Das fängt damit an, mir immer wieder zu sagen, dass es nicht nötig ist, es allen recht zu machen. Auch mal anzuecken. Nicht einseitig sein. Nicht vergessen, dass „Nein“ eine valide Antwort ist, ohne dass der Gegenüber gleich eingeschnappt ist – er sogar ggf. damit rechnet. Und ich lerne, mir bewusst zu machen, dass es halt Dinge gibt, die bei der Menge an Themen ggf. untergehen (tiefer priorisiert werden). Das ist nicht schlimm und völlig normal. Warum soll ich immer den Leuten hinterherrennen, weil sie mir eine Antwort schulden oder ein Thema vergessen haben. Warum nicht auch mal umgekehrt?
Mal sehen, wie weit ich komme mit meinem Lernen. Manchmal ist es nämlich dennoch schwierig, seiner gewohnten Routine zu entkommen.